Dortmund - Ein Satz lebender Schachfiguren

Ausflug zu den Dortmunder Schachtagen - Jugendförderung und Incentive für die „Westler“

FRANKFURT-WEST Eine Woche nach den Frankfurt-West Chess-Classic ‘96 fand das bedeutendste Schachturnier der Nachkriegsgeschichte in Deutschland statt. Die 24. Dortmunder Schachtage sind mit Kategorie 18 und einem ELO-Schnitt von 2676 das hochkarätigste Turnier in der „klassischen“ Ausprägung. Dortmund ist seit 1992 die professionellste Schachveranstaltung in Deutschland; das Organisationsteam um J.Grastat, G.Kolbe, C.Hensel und A.Krois herum arbeitet perfekt. Mit der Stadtsparkasse Dortmund, der Stadt Dortmund, Kosfeld + Partner Medientechnik, Schach Niggemann und dem Holiday Inn Crown Plaza haben die Veranstalter ausgezeichnete Sponsoren, die Ihnen das „Halbe-Millionen-Ding“ erlauben. Der Westdeutsche Rundfunk mit seinem dritten Programm unter Leitung von Herrn Dr.Claus Spahn und seinen drei versetzten „Live-Sendungen“ sowie die schachbegeisterte Presse haben natürlich wesentlichen Anteil an der Publizität von Schach im „Sport-Mekka Dortmund“. Grund genug, einmal mit der ganzen Mannschaft des SC West in Dortmund anzutreten, aber auch um zu lernen.


Hier spielten neben J.Polgar, W.Topalow, M.Adams und B.Gelfand weitere sechs Weltklassespieler, die in Frankfurt bei den Chess-Classics für Furore sorgten: im Masters traten zum Aktiv-Schach, doppelrundig mit Finale, V.Kramnik, A.Shirov, Dr.R.Hübner und P. Leko an und stellten mit einem Elo-Schnitt von 2681 erstmals die Kat.18 sicher. Im Open waren neben A.Shirov und P.Leko auch Weltklasseleute wie A.Dreev, R.Waganian, R.Dautov und weitere 20 GMs im Feld von 264 Teilnehmern vertreten. Alexei Shirov gewann das Masters und im Open sorgte Eric Lobron für die große Überraschung, mit 10 aus 11 Punkten siegte er vor Christopher Lutz - fast die komplette deutsche GM-Elite war am Start.

Die attraktive Konstellation, daß beide Turniere nächstes Jahr wieder im Wochenrhythmus aufeinanderfolgend stattfinden, läßt die Turniere nicht in den Wettbewerb treten, sondern stellen für Großmeister, Zuschauer, Teilnehmer, Medien und Veranstalter ein wunderbares Potential von Synergieeffekten dar. Diese Idee begeistert auch die Organisatoren und vor allem unsere Kinder und deren Eltern.
Im Westen nichts Neues: Idee, Beschluß, Finanzierung, Organisation und Durchführung - dies ist der normale „Schachprozeß“ bei den SC West-Vorhaben. Die Taunus-Sparkasse unterstützt uns mit seiner Marketingabteilung, schnell werden die Buchstaben für unser „Schach-figuren-Scrabble“ für die vereinseigenen Schachkostüme hergestellt, ein Bus der Firma Sippel organisiert, die Choreographie für den Auftritt vor der letzten Runde in Dortmund geprobt und die Helfer der Chess-Classic ‘96 eingeladen.

Am 14.Juli um 6:15 Uhr starteten wir ab der Stadthalle-Zeilsheim, im Bus wurden dann letzte Details wie Figurenaufstellung, Höhe der Buchstaben, Feinabstimmung für den Auftritt auf der Bühne und anschließend im WDR-Fernsehstudio unter Federführung von der Präsidentengattin C. E. Schmitt vorgenommen. Bei insgesamt 48 Westlern, davon allein 17 Kinder (16 Bauern und das Bäuerchen fürs „runde &“) waren unsere begleitenden Mütter und Frauen die entscheidenden Personen, die das Lampenfieber am schnellsten bei den Kindern (und manchem Erwachsenen) in den Griff bekamen. Ansonsten lief die Kassette mit den Liedern von der Chess-Classic ‘94-’96 und es wurde Schach gespielt. Pünktlich um 9:00 Uhr erreichten wir den für uns reservierten Parkplatz direkt vor dem Dortmunder Stadttheater.
Nun lief der „Countdown“ für die um 9:50 Uhr geplante Uraufführung. Alles lief nach Plan - nur das West-Musiktape „Go West“ war so, wie wir es mitgebracht haben, nicht abspielbar. Was nun? Es war bereits 9:30 Uhr. Aufgeben? Mitnichten! Die Dortmunder Organisatoren und das Theaterteam fingen an zu wirbeln - „das schaffen wir noch“ - reine Kopierzeit auf neues Tape = 5:30 min, Maschinen anwerfen und Soundcheck = 5:30 min, Fahrzeit in den Theaterkatakomben von einer Seite (6.Stock) in den Keller und dann wieder auf der anderen Seite hoch in die Kommentatorkabine (5.Stock) = 8:00 min, also überreichlich Puffer, - eine Minute Manöverierzeit. „Das reicht“, so der Kommentar von Gerd Kolbe. Der SC West Präsident Schmitt begleitete die Aktion, weil er der Einzige war, der wußte, an welcher Stelle des Tapes die richtige Musik war. Als dann auf der Hintour zwischen 5. und 6.Stock der Fahrstuhl stecken blieb, wäre es fast um den impulsiven West-Manager geschehen gewesen, doch mit äußerster Konzentration und Dortmunder Bierruhe bewältigte der Vorführverantwortliche des Stadttheaters auch diese Krise: nach dreieinhalb Minuten waren wir wieder frei und mit genau 2 Minuten Verzögerung starteten wir unsere Vorführung.

Die Kinder hatten den weit anspruchsvolleren Showteil zu lösen. Egal, ob sie auf den Positionen 1-17 stehen oder Vorder- bzw. Rückseite ihrer Kostüme zeigen sollten, es funktionierte wunderbar unter lautem Beifall der Spieler und der bestimmt schon über 400 anwesenden Zuschauern.
Bevor der SC West seine Aufführung darbieten konnte, bekam Hans-Walter Schmitt das Mikrophon vom Veranstaltungsleiter Gerd Kolbe und konnte die Glückwünsche vom Schachclub Frankfurt-West überbringen. Er lobte die professionellen Turnierbedingungen, die zuschauerfreundliche Ausrichtung und die Marketingmaßnahmen im Vorfeld und bedankte sich für die Einladung der „Schachzukunft“ des SC West nach Dortmund.
Bei allem Respekt vor dem „Klassischen Schach“ a’ la Dortmund zeichnete er mit markanten Sätzen die Zukunft des „Aktivschachs“ und sprach von den Synergieeffekten zwischen „Klassischem“ Schach, Aktivschach, Blitzschach, Korrespondenz/Internet-Schach und Computerschach. Unverhohlen sprach er von fünf Schachweltmeistern zur gleichen Zeit und von der Vergrößerung des Schachmarktes in Deutschland und Europa. Seine Referenz an den brachliegenden deutschen Schachmarkt lautet: “Neben Dortmund und hoffentlich neuen hochkarätigen Turnieren in Deutschland, wir von Frankfurt-West sind dabei ...“. „Der Weg geht nach Westen“ und „2010 spätestens 2015 wird es einen Weltmeister „Machart Westen“ geben.

Zusammengefaßt unter den Namen „Weißer Tiger“, - Vishy Anand, („Tiger von Madras“) Ehrenmitglied beim SC West - und „Schwarzer Bär“ - Vladimir Kramnik, („Bär aus Tuapse“) stehen dem SC West Kinder- und Jugendprogramm Paten zur Seite, die Vorbilder für junge Schachspieler sind und den West-Slogan „Erfolgreich Schachspielen - Sie sind am Zug!!“ in besonderer Weise verkörpern.

Die Kinder beim Scrabble:

S C F R A N K F U R T - W E S T

D E R S C W E S T
A U S F R A N K F U R T
B E G R U E S S T
D I E G R O S S M E I S T E R
B E S O N D E R S
U N S E R
E H R E N M I T G L I E D
T I G E R
V I S H I & A R U N A
& D E N B A E R
W L A D I M I R

S C F R A N K F U R T - W E S T

Die Erwachsenen beim Kinder-Scrabble:

T A U N U S - S P A R K A S S E
S T A D T S P A R K A S S E
S T A D T D O R T M U N D
S T A D T S P A R K A S S E
T A U N U S - S P A R K A S S E

Nachdem die Westler ihre einfallsreiche Vorführung beendet hatten, durften Sie zur Belohnung in den ersten zwei Stuhlreihen Platz nehmen und das dramatische Geschehen beim Kampf um den Siegeslorbeer in der letzten Runde der Dortmunder Schachtage live erleben.
Die beiden „West“-Spieler kämpften mit großem Einsatz um den Sieg. Am Schluß hatten beide mit je 5 Siegen und 4 Remisen sieben Punkte aus neun Partien und teilten sich den Sieg. Für die Statistiker allerdings lag der „Schwarze Bär“ Vladimir Kramnik mit einem Feinwertungpünktchen vor dem „Weißen Tiger“ Vishy Anand.
Später im Fernsehsudio sahen wir beide Sieger wieder und jeder, der genau hingehört hatte, konnte vernehmen, daß beide Weltmeister werden wollen und können, die Schachexperten glauben: „Beide haben das Zeug zum Weltmeister aller Klassen!“
Auf der Heimreise gegen 18:30 Uhr konnten die „Westler“ zufrieden auf einen schönen Ausflug zurückblicken, der im Vereinslokal in der Stadthalle Ffm-Zeilsheim beim gemeinsamen Essen und Trinken gegen 23:00 Uhr ausklang.
Auf der Heimreise setzten die Kinder neue gruppendynamische Prozesse in Gang. Zu Klängen von „Go West“ (Pet Shop Boys) ließ Steffen Kappes und Gehilfen den Erwachsenen so lange keine Ruhe, bis die Welle „La Ola“ durch den ganzen Bus ging. Die Eberspach-Brüder Jan und Lars ließen ihrer musischen Begabung freien Lauf und begannen den Anfang der neuen SC Frankfurt-West Erkennungsmelodie (Hymne oder Song?) zu texten, hier das erste Ergebnis:


He, hört mal <> Schach für alt und jung
he, hört mal <> Schach mit Mega-Schwung
jetzt gibt es <> Schach wie’s jeder mag
und glaubt uns <> Schach ist superstark

.... west , west, west, west, west. west, west, west, ....

Zusammen <> sind wir einfach gut
zusammen <> haben wir viel Mut
zusammen <> schlagen wir voll zu
zusammen <> sind wir die Super-Crew

.... chess ,chess, chess, chess, chess, chess, chess, ....

Go West <> hier kommt der SC West
go West <> jetzt haltet euch gut fest
go West <> wir sind „for Chess the Best“
go West <> zum Schachclub Frankfurt-West

... west , chess, west, chess, west, chess, west, chess, ...
... let’s go west , for chess the best, the best in chess, ...


Die Kinder, die mittlerweile alle vorne im Bus waren, stellten beim Präsidenten den ultimativen Antrag, beim nächsten Mal einen Bus zu mieten, der nicht 12 m lang und 2 m breit sei, sondern genau umgedreht, 12 m breit und 2 m lang, sodaß alle vorne sitzen könnten. Hier kommen harte Zeiten auf den Vorstand zu, aber ehe ein Bus dieses Format aufweist, wird ein Westler Schach-Weltmeister - oder nicht!!
Wer solch’ einen Nachwuchs hat, braucht sich um die Zukunft keine Sorgen mehr zu machen. Kontinuierlich Arbeiten, Talente suchen und fördern, das Vereinsleben forcieren und dabei ein wenig Glück haben, das reicht voll aus.

Hans-Walter Schmitt


(Quelle: Schabernack 6)